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Anke Zimmer-Helfrich im Porträt

 

"Auch die Fachverlage brauchen mehr Frauen in echten Führungspositionen."

Anke Zimmer-Helfrich, Leiterin Zeitschriften Recht der Neuen Medien und Chefredakteurin beim Verlag C.H. BECK in München, über die Freiheit und meinungsbildende Funktion als Chefredakteurin und die Berufschancen von Juristinnen in der Verlagsbranche.

Frau Zimmer-Helfrich, Sie sind Leiterin Zeitschriften Recht der Neuen Medien im C.H. Beck Verlag. Wie sieht ein typischer Arbeitsalltag von Ihnen aus?

Der Tag fängt meistens mit der Durchsicht der relevanten Newsdienste, Homepages, Newsrooms etc. an, um zu sehen, was wichtig und aktuell ist. Dann bekomme ich täglich Anrufe von Autoren und bespreche mit ihnen ihre Beiträge bzw. Beitragsvorschläge, Anmerkungen und Kurzbeiträge. Und schließlich bin ich viel damit beschäftigt, Entscheidungen und Beiträge für die Zeitschriften zu planen. Neben der MMR und ZD betreue ich noch verlagsintern die Zeitschrift für Internationales Wirtschaftsrecht und bin Ansprechpartnerin für andere Zeitschriften im Verlag. Zudem bin ich auch noch für die Newsdienste der MMR und ZD verantwortlich.

Als Chefredakteurin bin ich auch viel auf Konferenzen unterwegs, um nach neuen Themen und Autoren Ausschau zu halten oder um dort meine Autoren zu treffen. Autorenakquise und -pflege ist das Kapital eines Verlags und einer Zeitschrift. Daneben organisiere und konzeptioniere ich in meiner Funktion als Leiterin Zeitschriften der Recht der Neuen Medien neben Projekten auch Veranstaltungen mit ganz unterschiedlichen Partnern, z.B. mit der IHK, Verbänden, wie dem BITKOM, der EU-Kommission oder auch verlagseigene Ausbildungslehrgänge. Manchmal übernehme ich dort auch die Moderation. Überall wo meine Zeitschriften zu sehen sind, betreue ich die jeweiligen Medienpartnerschaften.


Was schätzen Sie an Ihrem Beruf als Chefredakteurin?

Als Chefredakteurin unterstehe ich nach dem Presserecht nur dem Verleger. Das ist eine große Freiheit. Ich veröffentliche nur Sachen, wo ich sagen kann, dass ich sie auch verantworte. Das ist wirklich ein großer Vorteil an dieser Position. In meiner inhaltlichen Tätigkeit bin ich daher komplett frei. Die Herausgeber meiner Zeitschriften haben nur beratende Funktion, das ist nicht überall so.

Ich schätze an diesem Beruf, dass ich auch meinungsbildend tätig sein kann. Ein guter Chefredakteur bietet idealerweise ein Forum für gut begründete Meinungen, bewertet diese aber nicht, so lange sauber argumentiert wird. Dass ich aber als Chefredakteurin, die die Auswahl der Beiträge trifft, manchmal eine Meinung stärke, ist unvermeidlich. Man kann das als Chefredakteurin allerdings ein bisschen subtiler machen.

Sie sind Juristin und arbeiten beim C.H. Beck Verlag. Inwiefern profitieren Sie in der Verlagsbranche von Ihrer juristischen Ausbildung?

 

Ohne juristische Ausbildung ist es schwer bei einem juristischen Verlag zu arbeiten und ich wäre niemals Chefredakteurin einer juristischen Zeitschrift hier bei uns im Haus geworden.

Wie sah Ihr Karriereweg aus?

Ich habe zunächst noch als Abiturientin und in meinen ersten Semestern als studentische Hilfskraft bei Piper gearbeitet und wechselte dann ins Münchener Büro des Otto Schmidt-Verlags, wo ich die Chance hatte die Zeitschrift CR mitzugründen. Nach Studium und Referendariat war ich dann dort in der Folgezeit geschäftsführende Redakteurin. Für die MMR habe ich das Konzept entwickelt und bin als Chefredakteurin dieser Zeitschrift beim Beck-Verlag eingestiegen.

Wussten Sie von Anfang an, dass Sie als Chefredakteurin arbeiten wollen?

Ich wollte immer in einer Redaktion arbeiten und am liebsten natürlich Chefredakteurin werden. Mir war von Anfang meines Studiums an klar, dass ich nicht Anwältin werden oder in den Staatsdienst gehen möchte. Ich habe früher auch immer wieder für Kanzleien gearbeitet und hatte das Gefühl, dass ich mich verbiegen muss.

Wie kann man sich die Arbeitsstrukturen in einem Verlag vorstellen? Muss man eher Teamplayer oder Einzelkämpfer sein?

Ich habe ein Team, in dem unter anderem eine Redakteurin und zwei Assistentinnen sowie einige Freelancer arbeiten. Chefredakteurin ist eigentlich ein toller Job, um mit vielen Leuten an unterschiedlichen Projekten zusammenzuarbeiten.

Welche Tipps haben Sie für Juristinnen, die ebenfalls in der Verlagsbranche arbeiten möchten?

Es lohnt sich, schon während des Studiums oder dem Referendariat zu arbeiten und einen Verlag kennenzulernen. Wenn ich nicht schon früher bei Verlagen gearbeitet und dort gelernt hätte, wie man Zeitschriften macht, hätte ich diesen Job jetzt nicht. Vor allem – und leider muss man das auch immer noch in der heutigen Zeit festhalten – sicher nicht als Frau. In Fachverlagen arbeiten viele Frauen, aber maximal als Lektorin oder Redakteurin, danach gibt es die berühmte „gläserne Decke“, die hoffentlich irgendwann einmal verschwindet.

Welche beruflichen Möglichkeiten hat man als Juristin in Ihrer Branche?

Es ist immer die Frage, wo man im Verlag arbeiten möchte. Man kann z.B. entweder in einer Fachzeitschrift, in einem Buchlektorat oder sogar im belletristischen Bereich arbeiten. Bei einem Verlag kann man entweder klassisch als Redakteur, Lektor oder aber in der Rechts- bzw. in der Presse- oder Lizenzabteilung arbeiten. Der Unterschied ist, dass man als Redakteur Beiträge bewertet und akquiriert und als Journalist Beiträge selbst schreibt. Es ist sicherlich nicht von Nachteil in einem Verlag gearbeitet zu haben. Viele wechseln oftmals auch in die Presseabteilung eines Unternehmens. Ein Quereinstieg dürfte für Juristen zudem kein Problem sein, weil man dank der Ausbildung schon viel geschrieben hat.

Man muss sich aber bewusst sein, dass man im Verlagswesen nicht das große Geld verdient. Wenn ich morgens ins Büro komme, dann motiviert mich sicherlich nicht die Höhe meines Gehalts, sondern die Tätigkeit an sich.

Welche Vorteile bietet für Sie die Arbeit in einem Verlag im Gegensatz zu den klassischen juristischen Berufen?

Als Chefredakteurin habe ich große Freiheiten. Ich entscheide, was, wann und wie veröffentlicht wird. Was mir auch sehr gefällt, dass es bei der Arbeit im Verlag nicht nur um Jura pur geht. Es geht viel um Sprache, um Meinungsbildung und um Publizistik.

Frau Zimmer-Helfrich, Sie haben drei Kinder. Haben Sie jeweils Elternzeit genommen? Wie gut ließen sich Kinder und Karriere bei Ihnen vereinbaren?

Ich habe nie Elternzeit genommen. Ich bin nur jeweils die verpflichtenden zwei Monate nach der Geburt zu Hause geblieben. Anschließend war ich jeden Tag ab 15 Uhr zu Hause. Ab 20 Uhr war allerdings bei uns „Schicht im Schacht“ für die Kinder, ab da habe ich mich nochmals hingesetzt und weitergearbeitet. Wir haben das mit Au-Pairs und weitgehend ohne Großeltern geregelt. Man muss sich aber darauf einstellen, dass obwohl beide Partner arbeiten, man keine Doppelverdiener ist, denn ein Gehalt geht in die gesamte Kinderbetreuung und dies wird auch bis zum Ende des Studiums unserer Kinder weitergehen.

An dieser Stelle möchte ich den Rat weitergeben, den ich selbst erhalten habe als es um Heirat und Familienplanung ging: “Schau Dir deinen künftigen Gatten genau an und überlege, ob man sich gegenseitig im Familien- als auch im Berufsleben unterstützen wird.“ Mein Mann und ich haben beide eine gute Ausbildung, daher ist nicht einzusehen, warum einer von uns beruflich zurückstecken sollte, wenn es keine äußeren Zwänge wie z.B. schwere Krankheit eines Kindes etc. gibt. Man muss eben auch bereit sein, fremden Menschen seine Kinder anzuvertrauen, was schon eine emotionale Herausforderung sein kann.

Welche Eigenschaften muss man mitbringen, damit man im Verlagswesen Karriere machen kann?

Man braucht Langmut und Geduld. Aber es hängt natürlich auch sehr vom Verlag ab, bei dem man arbeitet. Freude am Netzwerken ist sicherlich von Vorteil, gutes Sprachgefühl und Neugierde, denn diese Branche ist im Umbruch und großen Veränderungen unterworfen.

Schreiben Sie als Chefredakteurin auch eigene Artikel?

Ich schreibe gelegentlich Editorials in meinen Zeitschriften und manchmal Beiträge in anderen Publikationen. Als Chefredakteurin muss ich aber auch aufpassen, mich nicht zu stark zu positionieren. Meine Aufgabe ist mehr die eines Projektmanagers als die eines Journalisten.

In meiner Funktion als Chefredakteurin sitze ich allerdings auch in der Jury der Deutschen Fachpresse für den „Journalisten des Jahres“ und habe einen Lehrauftrag für „Journalismus und Recht“ an der Wilhelms-Universität in Münster.

Was raten Sie jungen Juristinnen, die gerne etwas veröffentlichen möchten?

Mein Credo ist, mir ist egal, wer den Text geschrieben hat, so lange der Beitrag Hand und Fuß hat, d.h. sauber aufgebaut, gut recherchiert und nachvollziehbar argumentiert wird. Bevor man an eine Redaktion herantritt, sollte man wissen, was man schreiben möchte. Am Anfang ist es empfehlenswert, etwas Kleineres, gerne auch eine Anmerkung oder einen kurzen knackigen Beitrag zu einem aktuellen Thema zu schreiben. Ein einzelnes juristisches Problem, das von allen Seiten beleuchtet wird, genügt. Dann sollte man sich bei den Redakteuren per Mail oder telefonisch erkundigen, ob der Beitrag für die jeweilige Redaktion interessant ist und was es für Vorgaben gibt. Das Procedere bei uns ist dann so, dass der Beitrag unabhängig von mir noch von von zwei weiteren Gutachtern in anonymisierter Form gelesen wird.

Gibt es etwas, das Sie jungen Juristinnen auf den Weg mitgeben möchten?

Ich möchte jungen Kolleginnen Mut machen, sich etwas zu zutrauen und sich nicht ohne Not klein zu machen. Man braucht Mut, um Artikel zu schreiben und Vorträge zu halten. Aber andererseits ist es auch kein „Hexenwerk“ und es kann nicht viel passieren, wenn man mal etwas falsch macht. Männer stört das deutlich weniger. Ich finde es schade, dass es so wenige Frauen gibt, die schreiben oder als Rednerinnen auftreten.

Hatten Sie ein Vorbild, das Sie auf Ihrem Weg inspiriert hat?

Gräfin Dönhoff als Herausgeberin der Zeit ist mein Vorbild. Sie hat es geschafft als Frau wirtschaftlich und inhaltlich in ihrem Tun unabhängig zu sein und hat mit zeitweiser harter Hand, ihre Ideen durchgebracht. Ihr Wirken hat Maßstäbe gesetzt, die noch heute fortgelten.

Welche Juristin hat Sie so inspiriert, dass sie als Vorbild für breaking.through nominiert werden sollte? Wieso?

Da fallen mir spontan zwei Juristinnen ein. Louisa Specht kenne ich als Autorin, sie ist Professorin in Bonn und eine souveräne und frische Frau, die sicherlich noch eine großartige Karriere vor sich hat. Hildegund Holzheid war u.a. die erste Präsidentin des Bayerischen Verfassungsgerichts. Sie ist ein Freigeist und eine sehr authentische Person, die vielen jungen Juristinnen ein Vorbild sein könnte.

Vielen Dank für das Interview und die Zeit, die Sie sich dafür genommen haben!

München, 16. Juli 2018. Das Interview führte Jennifer Seyderhelm.

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