Armineh Gharibian im Porträt
"Man sollte auf jeden Fall das tun, was einem Spaß macht."
Armineh Gharibian, Senior Associate bei Mayer Brown LLP, über die Vorzüge des Bereichs Konfliktlösungen, die Bedeutung von Mentorinnen und Mentoren sowie Telefonkonferenzen mit Legosteinen in der Hand.
Armineh, Du arbeitest seit mehreren Jahren als Anwältin einer international tätigen Wirtschaftskanzlei. Wie kam es, dass Du Anwältin geworden bist und wieso hast Du Dich für den Bereich Konfliktlösung entschieden?
Meine juristische Karriere hat ihren Ursprung in meiner Kindheit. Ich bin in einem Land geboren, in dem Mädchen (und insbesondere christlichen Glaubens) nicht oder nur schwer jeden Beruf ergreifen können, den sie sich wünschen. Das wollte ich nicht hinnehmen und Anwältin werden. Nach einem ersten Praktikum in einer kleinen Kanzlei in der 8. Klasse stand für mich fest: Ich studiere später einmal Jura und werde Anwältin. Angefangen habe ich dann erst im Bereich Corporate/M&A, bevor ich als Associate bei Mayer Brown eingestiegen bin. Ich denke, dass mir das Argumentieren und Anfertigen von Schriftsätzen besser liegt und außerdem wollte ich unbedingt eine Robe besitzen und darin zu Gericht.
Wieso hast Du Dich für eine international tätige Wirtschaftskanzlei entschieden? War das schon immer Dein Ziel gewesen?
In einem internationalen Umfeld und mit Menschen aus unterschiedlichen Kulturenkreisen zu arbeiten war mir schon immer wichtig und hat mir großen Spaß gemacht. Ich spreche fünf Sprachen und habe selbst einen internationalen Hintergrund mit armenischen Wurzeln, den Gebutsort Teheran und meiner gesamten Familie in den USA. Deshalb fand ich es toll, diesen Hintergrund auch im Berufsleben einbringen zu können. Die Arbeit bei Mayer Brown bietet mir genau die Vielfalt, die ich mir gewünscht hatte: Sowohl die Arbeit mit den Kollegen aus den verschiedenen Büros in London, den USA oder Asien als auch die Beratung von internationalen Mandanten macht mir großen Spaß und bringt mich mit anderen Jurisdiktionen und Kulturen in Berührung.
Gab es in Deiner Karriere Momente, die eine besondere Wirkung entfaltet haben?
Der erste gewonnene Prozess für eine Mandantin war ein großartiges Gefühl und auch die erste mündliche Verhandlung, die ich alleine wahrgenommen habe, war aufregend und wird mir in Erinnerung bleiben.
Du hast vor wenigen Jahren eine Tochter bekommen. War für Dich schon immer klar, dass Du Familie und Karriere miteinander verbinden wolltest? Gab es dabei Vorbilder für Dich in der Kanzlei?
Ja, ich wusste im Grunde schon immer, dass ich irgendwann einmal eine Familie gründen würde. Natürlich stellte sich dann wie häufig die Frage nach dem "richtigen" Zeitpunkt für die Familienplanung. Auf diese Frage scheint es aber keine allgemeingültige Antwort zu geben und für mich persönlich passte es dann 2015 perfekt.
Hast Du nach der Geburt pausiert? Falls ja, wie lange?
Ja, ich habe mir 2015 eine einjährige Auszeit genommen und mich in dieser Zeit um meine Tochter gekümmert.
Du arbeitest seit der Geburt Deiner Tochter Teilzeit. Wie sieht für Dich ein typischer Tag zwischen Kanzlei und Kinderbetreuung aus?
Abwechslungsreich und manchmal anders als geplant, aber meinstens mit dem Gefühl am Abend, beides einigermaßen hinbekommen zu haben! Was den Kanzleialltag angeht, habe ich das Glück, einen sehr verständnisvollen und flexiblen Arbeitgeber bzw. Partner zu haben, der mir jede Freiheit bei der Gestaltung meiner Arbeitszeit lässt. Hinzu kommt, dass ich einen sehr guten Betreuungsplatz für meine Tochter habe. Wenn ich sie also gegen 17 Uhr in der Kita abhole, kann ich noch ein paar Stunden mit ihr verbringen bevor ich sie ins Bett bringe. Manchmal muss ich selbst lachen, wenn ich mit Legosteinen in der Hand am Kindertisch an einer Telefonkonferenz teilnehme. Das Arbeiten nach dem Verlassen des Büros ist bei mir aber nicht die Regel und außerdem klapt es mit ein wenig Humor und Verständnis beim Arbeitgeber und Mandanten bislang ganz gut!
Welche Vor- und Nachteile siehst Du im Bereich Konfliktlösung für die Vereinbarkeit von Familie und Karriere?
Der Bereich Konfliktlösung birgt meines Erachtens überwiegend Vorteile für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, weil dieser, anders als das Transaktionsgeschäft vielleicht, etwas planbarer und mit guter Organisation gut machbar ist. Prozessanwälte kennen die ihnen gesetzen Fristen für die Einreichung umfangreicher Schriftsätze im Voraus und können sich die Arbeit so gut aufteilen. Führt man viele (kleinere) Verfahren, kann die Reisetätigkeit eine Herausforderung darstellen. Hier bieten Großkanzleien aber eine gute Alternative, weil hier Prozessanwälte in der Regel mit einigen wenigen großen Verfahren vor staatlichen Gerichten oder Schiedsgerichten befasst sind und die Anzahl der mündlichen Verhandlungen auf diese Weise überschaubar ist.
Gab es Frauen die Dich in Deiner Karriere unterstützt haben?
Ich denke, dass es für die Karriere äußerst wichtig ist, einen guten Mentor bzw. eine gute Mentorin und Unterstützer zu haben, von dem man viel lernen kann und der einen fördert. Das muss aber nicht zwangsläufig eine Frau sein. In meinem Fall ist es ein (männlicher) Partner, mit dem ich sehr gut zusammenarbeiten kann und der mein Ausbilder und Mentor ist.
Was würdest Du jüngeren Frauen mitgeben?
Ich sage jüngeren Kolleginnen im Rahmen von Recruitinggesprächen immer, dass sie auf jeden Fall das tun sollen, was ihnen Spaß macht. Wenn man gerne als Anwältin in einer Wirtschaftskanzlei arbeiten möchte, sollte man dies tun und nicht voreilig und aus Sorge um eine spätere Unvereinbarkeit von Familie und Beruf davon Abstand nehmen. Es gibt inzwischen viele Möglichkeiten, in einem internationalen und spannenden Umfeld zu arbeiten UND Zeit für die Familie zu haben. Meines Erachtens ist das in erster Linie eine Frage der beidseitigen Flexibilität und des Willens, es möglich zu machen. Leztlich profitieren beide Seiten hiervon, denn auch als Mutter möchte man weiterhin an interessanten Mandaten mitarbeiten und am Kanzleigeschehen teilhaben. Der Arbeitgeber profitiert wiederum von der Vielfalt und den Stärken, die jeder einzelne Mitarbeiter einbringt.
Welche Juristin hat Dich so inspiriert, dass sie als Vorbild für breaking.through nominiert werden sollte? Wieso?
Im Bereich der Schiedsgerichtsbarkeit gibt es immer wieder Bemühungen, den Anteil der weiblichen Schiedsrichterinnen zu erhöhen. Es gibt allerdings schon einige sehr erfolgreiche und beeindruckende Juristinnen, die sich in diesem Bereich etabliert haben, so unter anderem Frau Dr. Inka Hanefeld, die eine eigene Arbitration Boutique gegründet hat und inzwischen eine feste Größe in der Arbitration Community ist.
Vielen Dank für das interessante Interview und dafür, dass wir Dich am 5. Juni 2018 bei unserem Event zum Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Großkanzlei begrüßen durften!
Frankfurt am Main, 19. April 2018. Armineh Gharibian hat die Fragen schriftlich beantwortet. Die Fragen erstellte Nadja Harraschain.
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