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Dr. Barbara Mayer im Porträt
"Was ich tue, mache ich gern. Anders geht es auf Dauer nicht."
Dr. Barbara Mayer, Partnerin bei ADVANT Beiten im Bereich Corporate und M&A und Mitgründerin des Freiburger Standortes, über psychologisches Feingefühl in der Mandatsarbeit, die Suche nach Erfüllung im Beruf und den Mut zu einem Neustart.
Barbara, Du bist Partnerin im Bereich Corporate und M&A. Wie bist Du zu einer Tätigkeit in diesem Rechtsgebiet gekommen?
Meine Spezialisierung im Bereich Corporate und M&A hat sich eher zufällig ergeben. Man könnte auch sagen, das Rechtsgebiet hat mich gefunden und nicht umgekehrt.
Nach dem ersten Staatsexamen habe ich hier in Freiburg im öffentlichen Wirtschaftsrecht bei Herrn Prof. Dr. Martin Bullinger promoviert. Dann bin ich zum Referendariat nach Hamburg gegangen, wo ich unter anderem Stationen bei der Handelskammer und in einer großen Wirtschaftskanzlei absolvierte.
Vermittelt durch einen alten Lehrstuhlkollegen erreichte mich dann die Anfrage einer Freiburger Anwaltskanzlei, ob ich nicht Lust hätte, nach dem zweiten Examen wieder zurückzukommen und dort einzusteigen. Angesichts der positiven Berichte meines Bekannten, nahm ich die Einladung an. Ich absolvierte meine letzte Referendariatsstation in der Freiburger Kanzlei und wurde im Anschluss mit Kusshand übernommen. Der Senior Partner, dem ich dort zugeteilt wurde, arbeitete im Gesellschaftsrecht und beriet Familienunternehmen in allen möglichen Schattierungen des Unternehmensverkehrs. Das machte mir viel Spaß und so bin ich dabei geblieben.
Später ist dann noch der Bereich M&A hinzugekommen, der interessanterweise noch recht jung ist. In Deutschland gewann er erst mit den Privatisierungen durch die Treuhandanstalt an Bedeutung, da dort zum ersten Mal im großen Stile Unternehmenstransaktionen durchgeführt wurden.
Welche Besonderheiten weist die Arbeit an Mandaten von Familienunternehmen auf?
Bei solchen Mandaten spielen die persönlichen Beziehungen unter den handelnden Personen eine große Rolle. Da gibt es zum Beispiel die kleine Schwester, die sich schon immer benachteiligt gefühlt hat und den großen Bruder, der sich schon immer angemaßt hat, ihr zu sagen, wo es lang geht. Solche Muster wirken sich auf die gesellschaftsrechtliche Struktur in einem Familienunternehmen und die Streitigkeiten, die über sie entstehen, aus, obwohl ihre Wurzeln ganz woanders liegen. Klassisch sind auch Konflikte zwischen Kindern aus erster und zweiter Ehe. Ein psychologisches Gespür für die Beziehungen zwischen den miteinander verwandten Gesellschafter:innen ist bei dieser Arbeit daher wichtig.
2022 bist Du mit einem 16-köpfigen Team aus der Kanzlei Friedrich Graf von Westphalen ausgestiegen und hast den Freiburger Standort der Wirtschaftskanzlei ADVANT Beiten mitgegründet. Wie war dieser Neustart für Dich?
Der Neustart war grandios. Als die Entscheidung getroffen war, haben wir uns als kleine Truppe nach neuen Räumen umgeschaut. Wir haben uns überlegt: Wen nehmen wir mit? Wie wollen wir uns aufstellen? Es herrschte eine richtige Startup-Atmosphäre. Das mag auch daran liegen, dass wir einen sehr jungen Altersdurchschnitt haben. Die meisten unserer Anwält:innen sind 35 Jahre alt oder jünger. Der Wechsel hat einen Teamgeist erzeugt, der intensiver war als alles, was wir bis dato kannten und er hält bis heute an.
Wie können oder sollten Menschen in Führungspositionen Deiner Meinung nach junge Mitarbeitende fördern?
Entscheidend ist es, junge Talente dazu zu ermutigen, neue Verantwortungsbereiche zu übernehmen. Wir müssen sie in die erste Reihe schicken, aber auch immer für ihre Fragen da sein und sie bei diesen Schritten begleiten. So praktizieren wir es auch, wenn es um die Repräsentation unseres Standortes auf Veranstaltungen geht.
Spielt Frauenförderung dabei für Dich dabei eine besondere Rolle?
Ja, sie spielt eine besondere Rolle, weil Frauen meiner Erfahrung nach etwas mehr „angeschubst“ werden müssen. Ich habe oft erlebt, dass Frauen, die wirklich gut sind, zu zurückhaltend, zu bescheiden, zu vorsichtig auftreten. Junge Männer präsentieren sich selbstbewusster im Sinne von: „Na klar kann ich das. Wo liegt das Problem?“ (schmunzelt) Als Führungsperson sollten wir jungen Frauen expliziter sagen: „Du bist gut. Du schaffst das. Du wirst diese Herausforderung mit Bravour meistern.“ Und das mache ich persönlich auch gern, weil ich eben das Potential dieser Frauen sehe.
Im Anschluss an das Studium in Heidelberg und Freiburg hast Du promoviert. Hat die Unterrepräsentanz von Frauen in der Wissenschaft Deinen Alltag damals beeinflusst?
An unserem Lehrstuhl spielte das keine große Rolle. Ich persönlich hatte nie das Gefühl, meinen männlichen Kollegen gegenüber benachteiligt zu sein. Es gab neben mir auch noch eine weitere wissenschaftliche Mitarbeiterin, mit der ich mir jahrelang ein Büro geteilt habe.
Ich weiß aber tatsächlich nicht, ob es damals überhaupt eine einzige Professorin gab – ich glaube es nicht. Inzwischen ist das glücklicherweise anders und die Freiburger Fakultät hat einige tolle Professorinnen, wie etwa Paulina Starski, gewonnen, die jungen Studentinnen als Vorbild dienen.
Neben Deiner Position als Partnerin am Freiburger Standort ADVANT Beiten übernimmst Du noch weitere Aufgaben. Welche sind das?
Ich bin Mitglied im Leitungsausschuss von ADVANT Beiten, also dem Management der Kanzlei. Dort bin ich fürs Marketing und internationale Kooperationen mit anderen Kanzleien zuständig, was super spannende Aufgaben mit sich bringt. Außerdem bin ich Co-Leiterin der kanzleiinternen Praxisgruppe Corporate / M&A.
Außerhalb der Kanzlei habe ich mich lange Zeit im Deutschen Anwaltverein (DAV) engagiert, etwa im Ausschuss für Internationales Wirtschafsrecht oder der Arbeitsgemeinschaft Anwältinnen. Nach etwa fünfzehn Jahren, habe ich mir aber gesagt: „Jetzt ist Zeit für etwas Neues.“
Das „Neue“ wurde dann der Deutsche Juristentag. Dort bin ich Mitglied der ständigen Deputation, die eine Art Vorstand darstellt. Die Idee des Deutschen Juristentages ist es, Jurist:innen aus allen Bereichen zusammenzubringen, darunter zahlreiche Profesor:innen aber auch Richter:innen, Praktiker:innen und Beamt:innen. Das macht mir Spaß, weil es einen Blick über den Tellerrand ermöglicht – sowohl hinsichtlich der Art der Arbeit als auch des Rechtsgebietes. Dann sitze ich beispielsweise mit einer Professorin aus dem öffentlichen Recht oder einem Arbeitsrechtler zusammen und denke mir: „Auch ganz interessant, was die so machen und welche Themen die so bewegen.“
Wobei können solche Netzwerke behilflich sein?
In gewisser Weise vermittelt die Präsenz in solchen Netzwerken einen Bekanntheitsgrad, der gerade am Anfang der Karriere hilfreich ist. Man erhält Einladungen zu Veranstaltungen und wird als relevante Stimme wahrgenommen. Andererseits bieten Netzwerke eine Plattform für Austausch, der nicht im herkömmlichen Sinne „nützlich“ ist, sondern eine persönliche Bereicherung und Horizonterweiterung darstellt und damit ebenso wertvoll ist.
Wie gelingt es Dir, all Deinen verschiedenen Verantwortungsbereiche im Alltag gerecht zu werden?
Manchmal ist es schwierig. (lacht) Ich muss gestehen, ich arbeite auch recht viel am Wochenende, insbesondere an Dingen, die nicht so gut unter Zeitdruck entstehen. Dann setze ich mich beispielsweise auch an einem Sonntagnachmittag an den Schreibtisch und denke über ein Problem nach.
Entscheidend ist für mich dabei, dass ich es nicht aus einem Gefühl der Überlastung heraus tue, sondern weil es mir Spaß macht. Das gilt eigentlich für alle Aufgaben, die ich übernommen habe: Was ich tue, mache ich gern. Anders geht es auf Dauer nicht. Und für Veränderungen, die bewirken, dass man aufgeht in dem, was man tut, ist es nie zu spät!
Hat Dich das auch auf Deinem persönlichen Lebensweg geleitet?
Die Freude an der Materie ist das eine, was mich geleitet hat. Das andere ist, dass ich immer nach Umgebungen gesucht habe, in denen ich mich menschlich wohlgefühlt habe. Dadurch habe ich immer in netten Teams gearbeitet, in denen mir bei der Rückkehr aus dem Urlaub vermittelt wurde: „Wie schön, dass du wieder da bist!“ Ich denke, auch das ist essentiell für die Freude am Job.
Ist es rückblickend möglich, Dein Erfolgsrezept zu identifizieren?
Meine Erfolge verdanke ich meinem persönlichen Netzwerk. So bin ich in meiner ersten Kanzlei gelandet. Und auch den Wechsel und die Gründung des Freiburger Standorts habe ich nur gewagt, weil ich ein tolles Team um mich wusste.
Als junge Frau habe ich auch sehr vom Austausch mit Mentorinnen profitiert. Das waren Jurist:innen, die zehn bis zwanzig Jahre älter waren als ich und mich zu einem gewissen Grad „unter ihre Fittiche“ genommen haben. Bei ihnen habe ich Rat zu wichtigen Lebensentscheidungen gefunden und Anregungen zu Projekten, die zu mir passen. Daher kann ich das Mentoring-Modell jeder jungen Frau nur empfehlen.
Welche Juristin hat Dich so inspiriert, dass sie als Vorbild für breaking.through nominiert werden sollte? Wieso?
Viele der Juristinnen, die mich inspirieren, finden sich bereits in der breaking.through Porträtgalerie, nicht aber Mechthild Düsing. Sie hat sich im Deutschen Anwaltverein ganz entscheidend für die Visibilität von Frauen eingesetzt und dabei auch in Kauf genommen, sich unbeliebt zu machen. Ihr haben wir es beispielsweise zu verdanken, dass die Podien auf Veranstaltungen des DAV heute mit mindestens dreißig Prozent Frauen besetzt sind.
Herzlichen Dank für das spannende Interview!
Freiburg, 14. November 2024. Das Interview führte Lina Sophie Möller.
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