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Désirée Maier

Désirée Maier im Porträt

"Ständige Erreichbarkeit ist für mich etwas Positives!"

Désirée Maier, Partnerin im Wirtschaftsstrafrecht bei Hogan Lovells, im Interview über die Leidenschaft zum Job und die Entwicklungsmöglichkeiten als Partnerin.

Désirée, Du bist Partnerin bei Hogan Lovells im Bereich Wirtschaftsstrafrecht und Compliance. Wie sieht bei Dir ein typischer Arbeitsalltag aus oder gibt es diese Normalität eher nicht?

Heute ist ein gutes Beispiel: Gerade bin ich im Taxi von einem Mandanten zum Hotel, obwohl ich eigentlich einen Bürotag geplant hatte. Das ist natürlich nicht jeden Tag so und es gibt auch planbarere Tage. Ich versuche in der Regel, mir für einen kleineren Teil des Tages Punkte vorzunehmen, die ich an dem Tag erledigen möchte. Dann kommen noch Meetings dazu und neue To Dos, die direkt am selben Tag erledigt werden müssen. Jede Woche bin ich in der Regel an mehr als einem Tag unterwegs und verbringe somit einen relativ hohen Anteil meiner Arbeitszeit bei meinen Mandanten. Ich weiß also nie genau, was kommt. Dafür wird es eben auch nie langweilig.

 


Wirtschaftsstrafrecht ist ein eher exotisches Rechtsgebiet. Was fasziniert Dich an diesem Bereich und wie bist Du dazu gekommen?

Nach meiner Ausbildung war Wirtschaftsstrafrecht noch kein so bekanntes Thema in Großkanzleien. Mich haben aber schon immer die großen spannenden Fälle interessiert. Daher wollte ich im Kartellrecht tätig sein. Als mir der Bereich Compliance und Interne Untersuchungen vorgestellt wurde, hat mich das aber sofort interessiert.

Was waren wichtige Karriereschritte in auf Deinem Weg?

Das mag selbstverständlich klingen, aber ich bin überzeugt, dass der erste wichtige Schritt bei mir die Wahl des Jobs war. Ich habe großes Glück mit dem Rechtsgebiet, das ich ja eher zufällig gewählt habe, mir aber sehr gut gefällt. Das ist sicherlich eine Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Karriere. Förderlich war außerdem natürlich das Umfeld bei Hogan Lovells, das mich auf meinem bisherigen Weg immer unterstützt hat.

Was im Laufe meiner Karriere auch wichtig war, war der erste große Fall, in dem ich eine leitende Funktion hatte. Das ist eine signifikante Stufe für die eigene berufliche Entwicklung. Dabei merkt man, was man kann und lernt viel dazu.

Auch mein Secondment in den USA hat mich entschieden weitergebracht. Zum einen verstand ich besser, was ein Mandant von einem externen Anwalt erwartet, da ich als Inhouse Anwalt in die Rolle des Mandanten schlüpfen konnte. Das hat viel Spaß gemacht. Zum anderen hat mir die "Pause" von der Tätigkeit als externe Anwältin bestätigt, dass ich eben diese Tätigkeit am liebsten ausübe.

Dein Secondment hast Du bei einem Arzneimittelunternehmen in den USA verbracht und warst dort in der Verantwortung weltweiter interner Untersuchungen tätig. Was läuft in der amerikanischen Untersuchungspraxis anders als in der deutschen?

Behördliche Untersuchungen laufen wegen der unterschiedlichen Mentalität und Kultur anders ab. Die Behörden in den USA gehen manchmal aggressiver und informeller als bei uns in Deutschland vor. In den USA findet viel Interaktion mit den Behörden in Gesprächen Meetings statt, während sich in Deutschland noch viel um schriftliche Kommunikation dreht. Außerdem spielt das Anwaltsprivileg in den USA wegen des höheren Schutzes eine praktischere Rolle. Die Untersuchungspraxis aus den beiden Ländern gleicht sich aber mehr und mehr an.

Der Fokus auf verbaler Kommunikation ist in den USA grundsätzlich in der Arbeitswelt spürbar. Einfach gesagt: In den USA wird mehr geredet, in Deutschland mehr geschrieben. In der deutschen Juristenausbildung lernt man vor allem, wie man sich schriftlich gut ausdrückt. Das Trainieren der verbalen Präsentation hat in den USA einen größeren Stellenwert als in Deutschland.

In deinen Bereich fällt auch die Betreuung der Mandanten im Fall einer Dawn Raid der Staatsanwaltschaft. Warst Du schon mal vor Ort, als die Staatsanwaltschaft durchsucht hat und wie hilft man dem Mandanten in so einer unangenehmen Situation am besten?

Ja, wir sind häufig bei Durchsuchungen zur Unterstützung unserer Mandanten vor Ort.

Es klingt vielleicht ein bisschen platt, aber es ist am Wichtigsten, ruhig zu bleiben. Es geht nicht darum, in dem Moment den Fall zu gewinnen, sondern darum, den Eingriff so gering wie möglich zu gestalten und mögliche Risiken zu minimieren. Wir als externe Anwälte müssen die Durchsuchung begleiten, dokumentieren und strukturieren. Wenn man aber ein paar Durchsuchungen mitgemacht hat, hat man zwar immer noch keine Routine, aber zumindest eine gewisse Selbstbeherrschung - trotz der Aufregung, die natürlich immer vorherrscht.

Die Mandantenstrukturen sind oft sehr männlich geprägt. Wie gehst Du damit als Frau um?

In den meisten Meetings sind die Frauen in der Unterzahl, manchmal bin ich auch die einzige Frau. Das nehme ich wahr, aber nennenswerte negative Erfahrungen habe ich damit nicht gemacht. Dies gilt sowohl für die Mandantenseite als auch die Kollegen im Arbeitsumfeld. Das Thema Diversity wird bei uns in der Kanzlei auch sehr groß geschrieben.

Welche Vorteile bietet für Dich die Arbeit in einer Großkanzlei im Vergleich zu einer mittelständischen Kanzlei oder einer kleineren Boutique?

Ich wusste, dass ich als Anwältin tätig sein möchte und habe mich bei unterschiedlichen Kanzleien beworben. Ich war zwar nicht auf die Tätigkeit in einer Großkanzlei festgelegt, wollte aber meine Karriere selbst gestalten. Mein Eindruck war, dass hierfür der Spielraum in einer Kanzlei größer ist als im Unternehmen und beim Staat.

Für die Arbeit in einer Großkanzlei war für mich letztlich die Internationalität und die Größe der Fälle ausschlaggebend. Ich hatte immer Freude am Internationalen. Mir hat an der Arbeit in einer Großkanzlei also gefallen, dass man sowohl internationale Mandanten als auch Kollegen hat. Gewisse Fälle kann man außerdem nur in einem großen Team bearbeiten - wie es eine Großkanzlei bietet. In einer Großkanzlei kann man im Team arbeiten und das macht die Arbeit sehr abwechslungsreich.

Welche Entwicklungsmöglichkeiten gibt es in einer Großkanzlei, wenn man schon Partnerin ist?

Es gibt verschiedene Entwicklungsmöglichkeiten. Zuallererst kann man sich selbst als Anwalt weiterentwickeln. Dabei können spezifische Teilrechtsgebiete oder Industriesektoren, die einen interessieren und auf die man sich spezialisieren möchte, eine Rolle spielen. Daneben kann man zusätzlich zur reinen Mandatsarbeit Themen wie Diversity und Pro Bono aufnehmen.

Die Arbeit in einer Großkanzlei ist sehr zeitintensiv. Was stellt für Dich den Ausgleich dar, um den Kopf frei zu kriegen?

Der erste Schritt ist, zu akzeptieren, dass man viel arbeitet. Mit dem Begriff "work-life-balance" kann ich ehrlich gesagt nicht so viel anfangen. Das würde ja bedeuten, dass work nicht life ist und das ist es für mich natürlich schon. Das ist eine Entscheidung, die man für sich treffen muss. Ich arbeite gerne und deswegen ist es für mich auch okay. Aber natürlich muss man neben der Arbeit auch noch etwas anderes machen. Bei mir ist es, Zeit mit Freunden und Familie zu verbringen und Sport zu machen.

Was ich vor allem in den USA gelernt habe, ist Flexibilität. Zum Beispiel empfinde ich ständige Erreichbarkeit als etwas Positives, weil ich eben nicht bis 23 Uhr im Büro sein muss, wenn ich noch einen Termin um diese Zeit mit einer anderen Zeitzone habe.

Was macht für Dich ein Vorbild aus?

Im beruflichen Sinne macht für mich ein Vorbild aus, dass die Person erfolgreich ist und eine gewisse Meinung, Willensstärke und Klarheit in ihrem Vorgehen hat. Denn dazu gehört viel Selbstbewusstsein. Es geht außerdem viel um zwischenmenschliche Stärken, sei es gegenüber dem Mandanten als auch gegenüber dem eigenen Team.

Was rätst Du jungen Juristinnen, die eine Karriere in einer Großkanzlei anstreben?

Einfach machen, wenn diese Tätigkeit einen selbst interessiert, und nicht zu viel nachdenken. Wenn die Arbeit Spaß macht und interessant ist, dann sollte man einfach weiter machen. In diesem Beruf hat man ja auch eine gewisse Flexibilität und könnte den Job wechseln, wenn er einem nicht mehr gefallen sollte.

Hast Du eine/n Mentor/in, der/die Dich auf Deinem beruflichen Weg begleitet hat?

 

Mein Mentor ist Sebastian Lach. Er ist Partner in unserem Münchner Büro und hat meine Karriere und anwaltliche Tätigkeit von Anfang an begleitet.

Welche Juristin hat Dich so inspiriert, dass sie als Vorbild für breaking.through nominiert werden sollte? Wieso?

Mich haben viele Frauen in meiner beruflichen Laufbahn auf unterschiedliche Weise inspiriert. Ich kann die Frage daher gar nicht für eine bestimmte Person beantworten.

Vielen Dank für das nette Gespräch und die Zeit, die Du Dir dafür genommen haben!

Frankfurt / München, 23. August 2018. Das Interview führte Jennifer Seyderhelm.

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