Elizabeth Hincapié H., LL.M. im Porträt
„Die beste Möglichkeit etwas vom Leben zu haben ist, sich mit aller Macht hineinzustürzen.“
Elizabeth Hincapié H., LL.M., Head of Legal EMEA, Syndikusrechtsanwältin bei Harsco Rail, über ihren Weg von Kolumbien über Spanien nach Deutschland, die Ungleichbehandlung von Jurist*innen mit ausländischen Wurzeln in Deutschland und ihr starkes positives Mindset.
Elizabeth, Du bist Rechtsanwältin mit Zulassungen in Kolumbien, Spanien und Deutschland und hast in diesen Ländern auch Jura studiert. Du arbeitest nun seit über zehn Jahren in Deutschland. Wie offen ist der deutsche Rechtsmarkt gegenüber ausländisch qualifizierten Rechtsanwält*innen?
Ich muss sagen, dass diese Frage zum jetzigen Zeitpunkt auf jeden Fall positiver zu beantworten ist als vor zehn Jahren, als ich nach Deutschland kam. Im Jahr 2009 war der deutsche Rechtsmarkt ein komplett verschlossener Markt für ausländische Jurist*innen. Das galt sowohl für große Kanzleien als auch für die kleineren. Allerdings würde ich sagen, dass die Chancen auf einen Arbeitsplatz bei den kleineren Kanzleien etwas besser standen. Auch zu diesem Zeitpunkt kannte ich kaum ausländische Anwält*innen, die ohne das typische Jurastudium die deutsche Zulassung hatten.
In der Schiedsgerichtsbarkeit hat sich der Arbeitsmarkt für ausländische Jurist*innen heute aber auf alle Fälle entspannt. Er ist offener geworden. Man sieht etwas mehr Diversität, vor allem auch bei den großen Kanzleien. Es gibt einige Beispiele von Kanzleien, die nicht in Deutschland zugelassene Jurist*innen einstellen. Die Realität bleibt allerdings auch bei diesen Arbeitgebern, dass das Arbeitsverhältnis nicht immer ideal für die nicht in Deutschland zugelassenen Anwält*innen ist. Dies trifft oftmals leider auch zu für zwar in Deutschland zugelassene Anwält*innen, die aber anders als gewohnt die Zulassung erworben haben, also ohne die zwei Staatsexamina über eine Anerkennung eines europäischen Jurastudiums. Ich würde daher auch heute noch sagen, dass der deutsche Arbeitsmarkt für ausländische Jurist*innen und atypische deutsche Jurist*innen eher verschlossen ist.
Kannst Du ein paar Beispiele nennen, woran Du diese Verschlossenheit festmachst – sowohl solche, die Du persönlich erfahren hast, als auch solche, die Bekannte von Dir erfahren haben?
Ja, ich kann das an mehreren Punkten festmachen.
Erstens bekommen ausländische Jurist*innen mit oder ohne Zulassung in Deutschland in der Regel ein geringeres Gehalt. Das ist aus meiner Sicht nicht gerechtfertigt, vor allem weil die Arbeit die gleiche ist und im Falle der anerkannten Jurist*innen, diese die gleichen rechtsanwaltlichen Befähigungen haben. Dies ist beispielsweise im Schiedsverfahrensrecht in einer international tätigen Großkanzlei der Fall. Die Associates in diesem Bereich – egal mit welcher Zulassung – arbeiten alle im Hintergrund mit ähnlichen Aufgaben.
Zweitens ist der Karriereweg zur Partnerschaft meines Wissens fast ausgeschlossen. Ich kenne nur eine Partnerin in einer Großkanzlei in Deutschland ohne Zulassung in Deutschland. Da es immer mehr ausländische Jurist*innen in Deutschland gibt, finde ich das schade! Es braucht hier mehr Vorbilder.
Drittens nehme ich wahr und höre von Bekannten, dass ausländischen Jurist*innen mit oder ohne Zulassung weniger zugetraut oder sogar die Kompetenz abgesprochen wird. Dies hat viel mit der Sprache und Ausdrucksweise zu tun. Es ist für mich völlig klar, dass Sprache und Ausdrucksweise für Jurist*innen wichtiges Handwerkszeug sind. Allerdings, wie auch Srini Gopalan, Vorsitzender der Geschäftsführung der Telekom Deutschland, mal anerkannte, haben Personen, die sich in einer Fremdsprache fachlich ausdrücken müssen, die Last sich inhaltlich perfekt vorzubereiten, weil sie sich nicht auf rhetorische Fähigkeiten verlassen können. Bei uns ausländischen Jurist*innen kommt es also immer auf die Substanz an! Ein gängiger Ausdruck der Ungleichbehandlung ist, dass sprachliche Korrekturen vorgenommen werden, obwohl das Gesagte oder Geschriebene nicht grammatikalisch falsch ist, sondern nur eine Frage des Stils und der Präferenz. Die Selbsteinschätzung der Korrigierten leidet darunter und das wahre Können ausländischer Jurist*innen mit oder ohne Zulassung wird dadurch weniger wahrgenommen.
Woran liegt es, dass der deutsche Rechtsmarkt eher verschlossen gegenüber ausländisch qualifizierten und den von Dir als atypisch qualifiziert beschriebenen Rechtsanwält*innen ist?
Ich glaube, dass die Deutschen einen verschlossenen Blick auf die juristische Ausbildung im Ausland haben und allein auf ihr eigenes System fokussiert sind – und dies für das einzig richtige halten. Die einzige Ausnahme, die mir bewusst ist, ist die Zulassung in einer Common Law-Jurisdiktion, z.B. USA, Australien oder Großbritannien.
Die große Mehrheit von Rechtsanwält*innen erkennen einen ausländischen Abschluss nicht als Äquivalenz zum deutschen Jurastudium an. Der Status, den ein*e deutsche*r Jurist*in durch das Studium und Referendariat erlangt, scheint mir einer zu sein, der von der breiten deutschen Rechtsanwaltschaft bewahrt werden soll und keinesfalls eine Alternative auf dem Arbeitsmarkt zulässt. Dadurch bleibt der Arbeitsmarkt verschlossen.
Daneben ist der deutsche Rechtsmarkt sehr auf Noten fixiert. Sofern ein Notensystem nicht auf das deutsche passt, tauchen Schwierigkeiten auf. Selbst als ich das Anerkennungsstudium hinter mir hatte und als Rechtsanwältin in Deutschland zugelassen war, fragte man mich nach meiner Note in der Eignungsprüfung. Das Problem war, dass es keine Noten gibt! So hat es der deutsche Gesetzgeber beschlossen. Ohne Note wird man in der Einstellung nicht bewertet und kann nicht eingeordnet werden. Andere Qualifikationen werden hierbei nicht beachtet. Dies erschwert den Zugang zum Arbeitsmarkt. Diese starke Bedeutung der Noten in den Staatsexamina nehme ich aber auch bei deutschen Kolleg*innen wahr. Wer glaubt, dass nur Kandidat*innen mit zwei Prädikatsexamina gut sind, irrt sich und dem bzw. der entgehen talentierte Kräfte!
Hast Du Tipps für andere Jurist*innen, die mit ähnlichen Problemen wie einer Pay Gap, ausschließlichen Praktikumsangeboten und wiederholt befristeten Arbeitsverträgen umgehen können?
Meine klare Empfehlung lautet: Nie aufhören sich weiterzubilden! Dabei weitet sich der eigene Horizont und man kann die eigene Karriere und sich selbst neu entdecken. Man kann entweder auf Chancen warten oder das Leben in die Hand nehmen. Von wesentlicher Bedeutung ist auch ein Netzwerk und die dortige Präsenz.
Allerdings ist nicht zu vergessen, dass es einfach wirklich schwer ist, als ausländische*r Jurist*in Deutschland Fuß zu fassen, egal ob mit oder ohne Zulassung. Leider bleibt diesen Jurist*innen auch nicht die Wahl, die Praktika oder befristeten Arbeitsverträge nicht anzunehmen. Denn Erfahrungen sind so oder so notwendig. Zu einem gewissen Grad sind Praktika und ähnliche Arbeitserfahrungen richtig und wichtig – jeder kleine Schritt in die richtige Richtung ist hilfreich! Ich sehe aber dann ein Problem, wenn ein Fortkommen nicht möglich ist, sondern sich diese Arten von Arbeitserfahrungen aneinanderreihen. Diese Perspektivlosigkeit ist unangenehm und demotivierend. Gegen Praktika oder befristete Arbeitsverträge, die als Sprungbrett in ein ordentliches Arbeitsverhältnis dienen, habe ich nichts einzuwenden.
Aus meiner Sicht muss man also (leider) durch diese Phase durch, um Erfahrungen zu sammeln. Erfahrungen sind das, was einen inhaltlich und auch sprachlich weiterbringt. Sie geben daneben auch eine gute Verhandlungsposition.
Du hast Dein juristisches Anerkennungsstudium in Deutschland parallel zur Vollzeittätigkeit in einem Unternehmen und mit Familie bewältigt. Wie hast Du Dich organisiert, um Aufgaben zu bewältigen?
Zunächst einmal braucht man nicht nur eine bestimmte Organisation, sondern Disziplin, Ehrgeiz und Leidenschaft! Nur dann schafft es die Willenskraft, den Körper noch zur Überwindung der Extrameile zu bewegen – obwohl man eigentlich müde ist. Wichtig ist auch, dass man auf sich selbst und nicht auf andere hört. Aus dem Umfeld kommen vielleicht viele Kritiker, die den gewählten Weg in Frage stellen. Sofern es der Traum ist, sollte man an ihm festhalten. Insbesondere sollte man in der Mitte des Weges nicht aufgeben.
Anwältin zu sein war immer mein Traum und bleibt meine große Leidenschaft. Ich habe oft gezweifelt, ob ich es wirklich schaffe. Ich habe daher in allen freien Minuten gelernt: in meiner Mittagspause und abends, nachdem ich meine Tochter ins Bett brachte und mich um meinen Hund kümmerte; also von 21 oder 22 Uhr bis ca. 2 oder 3 Uhr morgens. Ich hatte eine klare Einteilung von Arbeitszeit, Familienzeit und Lernzeit.
Ich muss ehrlich sagen, dass ich auch oft Angst hatte, es nicht zu schaffen und die Entbehrungen sich dann nicht gelohnt hätten. Ich glaube, dass insbesondere Frauen oft Schuldgefühle haben. Für mich trifft es auf alle Fälle für die damalige Zeit zu, dass ich mir Sorgen machte als Anwältin, Mutter und als Ehefrau nicht genug zu sein oder zu geben. Diese Selbstzweifel haben natürlich nicht geholfen und ich musste hart daran arbeiten, sie abzulegen. Mein großer Traum als Anwältin in Deutschland arbeiten zu können hat mir dabei aber geholfen. Ich konnte mich mit meinem klaren Ziel motivieren. Der Glaube an das eigene Können ist also bei der Bewältigung vieler Aufgaben maßgeblich. Gepaart mit Geduld und Leidenschaft kann man sehr viel bewirken und erreichen. Die einzige Möglichkeit etwas vom Leben zu haben ist, sich mit aller Macht hineinzustürzen.
Eine gute Struktur des Tages, die entsprechende Planung und vor allem die Willenskraft sind also wichtig. Wichtig war bei Deinem Modell sicher auch die Unterstützung des Arbeitgebers. Wie ist Dein Arbeitgeber damals mit Deinen Plänen umgegangen?
Leider hat mich mein damaliger Arbeitgeber nicht unterstützt. Mein Arbeitgeber hatte kein Interesse daran, dass ich das juristische Anerkennungsstudium ablege, denn die dadurch gewonnene Zusatzqualifikation war für ihn irrelevant. Ich hätte mir insbesondere etwas mehr zeitliche Flexibilität gewünscht. Beispielsweise bekam ich Ärger, als ich aus einer Lern-Mittagspause zehn Minuten verspätet zurück ins Büro kam. Auch habe ich an den Tagen, an denen ich die Prüfung abgelegt habe, nicht frei bekommen, sondern musste mir Urlaub nehmen. Natürlich ist der Arbeitgeber keine Wohlfahrtseinrichtung – aber es wäre ein Zeichen der Wertschätzung gewesen.
Mittlerweile bist Du Head of Legal EMEA und Prokuristin bei Harsco Rail, Bundeskoordinatorin der DIS40, einer Initiative junger Schiedsrechtler*innen, und stellvertretende Leiterin einer Fachgruppe im Bundesverband für Unternehmensjuristen (BUJ). Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf beschäftigen Dich und Deine Familie noch immer. Wie erfährst Du die deutsche Gesellschaft bei diesem Thema?
Das ist aus meiner Sicht ein sehr komplexes Thema. Ich habe die deutsche Gesellschaft als Mutter komplett anders erfahren als zuvor ohne Kinder. Vor der Familiengründung ist sie eine so offene, moderne und vielfältige Gesellschaft. Es scheint, als ob alles möglich sei. Wirklich toll! Nach meiner Familiengründung konnte ich Deutschland nicht wiedererkennen. Auf einmal war die Gesellschaft so traditionell und konservativ.
Ich habe insbesondere beobachtet, dass Frauen untereinander nicht immer unterstützend sind. Das finde ich besonders traurig! Im Kindergarten meiner Tochter wurde ich beispielsweise gefragt, ob ich die Schwester von meiner Tochter sei, da ja so oft eine andere Frau komme. Als ich erklärte, dass das die Nanny sei, wurde ich gefragt, ob ich denn arbeiten müsse. Solche kritischen Nachfragen sind aus meiner Sicht nicht unterstützend.
Ich habe für mich mittlerweile gelernt, meine Lebensentscheidungen nicht anzuzweifeln, sondern meine Zeit mit der Familie, im Büro und bei meinen anderen Tätigkeiten zu genießen. Natürlich gibt es Phasen, in denen ich gerne mehr Zeit mit meiner Familie verbringen würde. Dafür suche ich mir die Dinge, die mir wichtig sind und gehe ihnen nach: Beispielsweise besuchen wir gerne Vergnügungsparks und ich backe meiner Tochter und meinem Mann Motivtorten zum Geburtstag. Ich glaube fest daran, dass der Glaube an unsere eigenen Talente uns beflügelt und mehr schaffen lässt! Ich habe aufgehört, mir in meinem Kopf Grenzen zu setzen und ein positives Mindset entwickelt. Vereinbarkeit von Familie und Beruf bedeutet für mich nicht den ganzen Tag bei meiner Familie zu sein, sondern (schöne) Zeit mit ihr zu verbringen, was auch den Alltag umfasst.
Zwar lebst Du nun schon seit einiger Zeit in Deutschland, hast aber auf Deinem bisherigen Lebensweg einen Einblick in viele verschiedene Gesellschaften bekommen. Wie sehen mit dieser Erfahrung mögliche Lösungsansätze für die deutsche Gesellschaft bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf aus?
So wie ich die Geschichte der DDR und die Rolle der Frauen dort bisher immer verstanden habe, hat Deutschland eigentlich eine Zeit gehabt, in der die Lösungsansätze schon vorhanden waren. Ich habe das Gefühl, dass das Zuhausebleiben der Frauen in der westdeutschen Gesellschaft eine Statusfrage ist, d.h. etwas Erstrebenswertes. Genauso ist es eine Statusfrage, dass die Kinder nicht schon um 7.00 Uhr oder 8.00 Uhr morgens in die Kita gebracht werden, sondern erst ab 9.00 Uhr. Von einem Bekannten habe ich erfahren, dass ein Kita-Beginn vor 9.00 Uhr als Bestrafung in der Familie betrachtet werde. Solche Einstellungen prägen eine Gesellschaft. Daneben ist die allseits benannte Länge der Elternzeit von Frauen eine Frage, die in Deutschland von der Gesellschaft eher streng beantwortet wird: In Kolumbien, Frankreich und Spanien ist eine Mutter in der Regel sechs Monate nach der Geburt wieder bei der Arbeit, ohne eine „Rabenmutter“ zu sein. Die Gesellschaft bestraft solche Mütter nicht mit negativen Bezeichnungen. Das erleichtert die eigene Entscheidung, ob die Karriere weiterverfolgt werden soll und unterstützt bei der Umsetzung, denn einige Frauen haben nicht immer die eigene Kraft, sich gegen ein gesellschaftliches Bild zu wehren. Sicherlich muss nicht jede Frau Karriere machen. Jedoch sollte es für Karrierefrauen möglich sein, Mutter zu sein.
Was aus meiner Sicht ein Lösungsansatz ist, ist die Betreuungszeit der Kinder anzupassen. Schulen und Kitas sind nicht mit allen Arbeitszeiten kompatibel. Mit diesem Ansatz gehen auch neue Arbeitszeitmodelle einher, die wir brauchen. Leider deutet sich in Deutschland eine Entwicklung in die falsche Richtung ab, wie zum Beispiel die Arbeitszeiterfassung.
Du selbst bist Leiterin einer Rechtsabteilung – kennst also nicht nur die Seite der Eltern, sondern auch des Arbeitgebers. Welche Rolle spielen Arbeitgeber bei einer möglichen Lösung?
Der Arbeitgeber ist sehr wichtig hierbei. Wenn ich meine bisherigen Erfahrungen als Arbeitnehmerin vergleiche, stelle ich fest, dass es bei einem Arbeitgeber wegen mangelnder Flexibilität und Verständnislosigkeit eher nicht möglich gewesen wäre meine Karriere zu verfolgen und Zeit mit meiner Familie zu verbringen.
Daneben ist aber auch die eigene Partnerwahl nicht zu unterschätzen. Nur mit einem Partner oder einer Partnerin der oder die die eigenen Lebensentwürfe und -pläne unterstützt, gelingt der geplante Lebensweg. Hier habe ich die beste Wahl getroffen und bin meinem Ehemann sehr dankbar für seine vielseitige Unterstützung!
Wird das Homeoffice Probleme bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf lösen?
Ja, das glaube ich schon. Aber nicht nur das Homeoffice, sondern allgemein die Flexibilität bei der Arbeitszeit ist wichtig. Das Homeoffice ist zudem nur möglich und hilfreich, wenn die Betreuung der Kinder gesichert ist. Ansonsten haben insbesondere Frauen noch mehr Druck mit der parallelen Betreuung der Kinder zu Hause.
Du hast in Deinem bisherigen beruflichen und privaten Lebensweg sehr viel erlebt und erreicht. In vielen Situationen, wie der Anerkennung Deines Studiums in der EU, musstest Du Dich beweisen. Wie bist Du mit Hindernissen und Niederlagen umgegangen, die Dir auf diesem Weg begegneten?
Es war nicht immer einfach. Ich lag oft am Boden und dachte, dass es kein Morgen mehr gibt. Ich habe dann aber angefangen mir selbst zu helfen. Mein Glaube an Gott, Selbstentwicklung und -reflexion sind hierbei wichtige Stichwörter. Wie bereits gesagt glaube ich, dass man mit Leidenschaft, Ehrgeiz, Vertrauen an die eigene Willensstärke, Geduld und diszipliniertem Arbeiten alles erreichen kann, was man will. Wenn Du es träumen kannst, kannst Du das auch erreichen.
Ich hatte mich früher oft gefragt, wie meine Karriere in Kolumbien verlaufen wäre. Ich bin 2009 nach Deutschland gekommen und habe erst im Jahr 2016 meinen ersten richtigen Job bekommen. Meine Freundinnen in Kolumbien von der Universität haben sich in dieser Zeit großartig entwickelt. Dagegen war ich oft frustriert von all den Absagen, die ich auf meine Bewerbungen am Anfang erhielt. Mein Mann, meine Eltern und Schwester, aber auch meine Großfamilie in Kolumbien und mein Glaube an Gott haben mich bestärkt. Ich bin dann aktiv auf andere Menschen zugegangen und habe mir ein Netzwerk aufgebaut. Zu Beginn waren es nur Praktikumsplätze, die ich bekommen habe – aber dies sind die ersten und wichtigen Erfahrungen, auf denen man aufbauen kann. Ich habe auch an einem Mentoring von Beramí e.V. teilgenommen. Hierbei habe ich einen großartigen Rechtsanwalt als Mentor kennengelernt, der heute noch mein Freund ist. Ich glaube, dass man entweder warten kann, dass die Chance kommt oder sie selbst schmiedet. Man kann als Zuschauer agieren oder als Architekt des eigenen Lebens handeln.
Ich habe dann aber vieles geändert – ich habe mein positives Mindset entwickelt. Ich habe viele Bücher zum Thema Persönlichkeitsentwicklung und zu Gott gelesen und versuche heute noch die vielen Erkenntnisse umzusetzen. Es handelt sich dabei um noch immer wichtige Themen für mich.
Mit diesem positiven Mindset: Welche Pläne schmiedest Du für Deine Zukunft?
Momentan arbeite ich daran, mich als Schiedsrichterin zu positionieren. Es ist grundsätzlich nicht einfach ein erstes Mandat als Schiedsrichterin zu erhalten. Als Syndikusrechtsanwältin ist dies aber noch schwieriger. Letzteres finde ich schade, weil gerade Syndikusrechtsanwält*innen eine besondere Expertise mit ihrem Einblick in Unternehmen mitbringen. Das kann für Schiedsverfahren sehr nützlich sein!
Welche Juristin hat Dich so inspiriert, dass sie als Vorbild für breaking.through nominiert werden sollte? Wieso?
Lina Marcela Guerra in Madrid, aus Spanien. Sie hat den Weg eingeschlagen, von dem ich geträumt habe. Sie ist eine erfolgreiche Anwältin, eine wundervolle Mutter und Ehefrau aber vor allem begeistert sie mich mit ihrer Persönlichkeit, ihrer Lebensfreude und ihrer Bereitschaft, den Menschen um sie herum zu helfen. Sie ist immer mein großes Vorbild – in jedem Lebensbereich.
Vielen Dank für das spannende Interview!
Düsseldorf, September 2022. Das Interview führte Dr. Ilka Beimel.
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