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Laura Karasek

Foto: © Gaby Gerster

Laura Karasek im Porträt

 

"Frauen sollen auch mit hohen Schuhen und Lipgloss mächtig sein dürfen."

Laura Karasek, Juristin, Autorin und Moderatorin, über das wichtigste Instrument einer Juristin, Selbstzweifel und Größenwahn, die richtige Mischung aus Pippi Langstrumpf und Hildegard Knef und wie man Kindern dabei helfen kann, eine Leidenschaft zu entdecken.

Frau Karasek, Sie sind erfolgreiche Juristin, Autorin und Moderatorin. Von 2011 bis 2018 waren Sie Rechtsanwältin bei Clifford Chance. Warum haben Sie sich zum Berufseinstieg entschieden zunächst als Rechtsanwältin tätig zu sein?

Rechtsanwältin ist ein toller Beruf. Ich wollte etwas lernen. Ich wollte mir vielleicht auch etwas beweisen. Dass ich es schaffe; dass ich tough bin. Ich wollte diese Welt von innen beobachten, sie kennenlernen: die extremen Arbeitszeiten, Büros in Hochhaustürmen, Schnelligkeit, Verfügbarkeit.

Warum haben Sie sich für die Arbeit in einer internationalen Wirtschaftskanzlei im Fachbereich Litigation entschieden? 

Ich schreibe sehr gern! Litigation hat viel mit Sprache zu tun. Du musst überzeugend sein. Du musst dem Richter die besseren Argumente liefern. Es ist wie beim Sport: man gewinnt halt gern. Aber vor allem mein Chef Uwe Hornung hatte es mir angetan: er war so flink im Kopf, so witzig und wortgewandt. Das hat mich beeindruckt. 

"Wie Du's machst, machst Du's falsch. Zumindest als Frau in einer Männerwelt" – schreiben Sie in Ihrem aktuellen Buch "Ja, die sind echt". Warum schaffen es nur so wenige Frauen an die Spitze, als Partnerinnen in Kanzleien oder anderen Berufsfeldern? 

Oh, das ist eine große Frage. Darüber kann man stundenlang diskutieren. Es gibt nicht den EINEN Faktor, der es verhindert, dass Frauen leicht Karriere machen können in diesem Land. Es wird immer noch zu wenig Familienunterstützung geboten, sobald Kinder da sind. Es wird noch immer erwartet, dass eher die Frau zuhause bleibt als der Mann. Sobald Kinder da sind, machen die weiblichen Karrieren einen Knick. Teilzeit und dann Partnerin ist eben schwierig. Manche Frauen möchten sich diesem Druck nicht ausliefern. Meist sind Männer die Chefs – die fördern gern andere Männer. Es gibt mannigfaltige Gründe, sagen wir mal so.

Was können junge Juristinnen insbesondere am Anfang Ihrer Karriere machen, um diese möglichst erfolgreich zu gestalten?

Sich nicht einschüchtern lassen! Selbstzweifel haben wir alle. Aber Frauen zeigen sie mehr. Sie haben mehr Angst vor dem Scheitern. Scheitern ist okay – entscheidend ist, wie man mit Niederlagen umgeht. Ich denke, Frauen sollen auch als Frauen mächtig sein dürfen. Und nicht nur, indem sie sich den Männern anpassen. Ich wollte nie „der bessere Mann“ sein, ich wollte eine exzellente Frau sein – auch mit hohen Schuhen und Lipgloss. Man sollte immer auch diesen Überraschungseffekt für sich nutzen. Uns wird leider häufig zu wenig zugetraut. Auch von uns selbst!

In Ihrem Buch gehen Sie sehr offen mit Ihren Stärken und Schwächen um. Welche Stärken und Fähigkeiten haben Ihnen besonders geholfen – neben dem juristischen Staatsexamen?

Selbstzweifel und Größenwahn! Eine wichtige Kombination. Sich Dinge einfach nehmen – das tun Männer doch auch. Charme. Selbstironie. Sich nicht zu ernst nehmen. Und natürlich die Sprache lieben. Die Sprache ist das wichtigste Instrument der Juristin.

Welche Rolle hat für Ihren Karriereweg das aktive Netzwerken gespielt? Welche neuen und eventuell unkonventionellen Wege für ein erfolgreiches Netzwerken können Sie jungen Juristinnen empfehlen?

 

Anfangs keine so große Rolle. Ich komme aus einer Künstlerfamilie – da war kein Juristennetzwerk. Aber man muss Kontakte pflegen. Und vor allem: nicht immer nur über Jura reden. Das langweilt ja potenzielle Mandanten. Die wollen abends beim Dinner auch mal was Anderes besprechen. Sich nicht verbiegen. Authentisch sein.

Sie haben im Jahr 2015 Zwillinge bekommen. In Ihrem Buch schreiben Sie, dass man Frauen vorwirft, "sich durch Kinder und Elternzeit quasi selber aus dem Rennen zu ziehen". Wie sind Sie nach Ihrer Elternzeit im Rennen geblieben?

Auch ich bin natürlich in die Teilzeit-Falle getappt. Ich wollte meine Kinder ja auch sehen und habe mich bewusst so entschieden. Man arbeitet als Mutter fast noch effizienter. Man schafft die Dinge schnell, weil man jeden Tag seine eigene persönliche Deadline hat. Aber natürlich wird es Frauen auch erschwert, beispielsweise wenn männliche Kollegen abends fragen „Was machst Du denn noch hier? Solltest Du nicht bei den Kindern sein?“ Sowas wird ein Mann nie gefragt!

Bei Ihnen war es eine bewusste Entscheidung Familie und Karriere zu vereinbaren. Welche Praxistipps können Sie Frauen geben, um erfolgreich im Beruf, aber auch eine glückliche Mutter zu sein - und optimaler Weise auch Zeit für sich selbst zu haben? 

Einfach machen. Probieren. Sich Dinge nehmen. Nicht immer vergleichen. Sich nicht einschüchtern lassen. Auch mal auf Konventionen pfeifen. Der eine Weg ist nicht für alle der richtige.

Gibt es während der Karriere in der Kanzlei einen richtigen Zeitpunkt Kinder zu bekommen? 

Es ist immer richtig, wenn man es will.

Was können Arbeitgeber tun, um Frauen bei der Vereinbarkeit von Kind(ern) und Karriere zu unterstützen, damit der Weg nach ganz oben auch für Frauen selbstverständlicher wird?

Mehr Kinderbetreuung. Mehr Flexibilität. Weniger dumme Sprüche. Weniger Abwertung für „Muttis“. Toleranz.

Das Thema Gleichberechtigung zieht sich durch Ihre Kolumnen und Ihre Bücher. Ich vermute, dass dies u.a. auch ein Thema in Ihrer neuen Talkshow „Laura Karasek – Zart am Limit“ in ZDFneo wird. Was können Eltern in ihrer Erziehung dazu beitragen?

Kindern Werte vermitteln: Anstand im Umgang mit Anderen. Mein Bruder und ich wurden sehr gleichberechtigt erzogen. Uns wurde ein reichhaltiges Angebot gemacht: wir konnten wählen, welchen Sport wir machen, ob wir Theater spielen, Klavier lernen, Mozart hören, Kafka lesen, wir sind viel gereist, in Museen geschleppt worden. Ich glaube, Kindern muss man nur zeigen, wie schön und abwechslungsreich die Welt ist. Wie vielfältig. Dann werden sie ihre Leidenschaft finden.

Als prominente Juristin, Autorin und Moderatorin mit zwei Kindern haben Sie auch Vorbildfunktion - insbesondere für viele junge Frauen. Welche Rolle haben Vorbilder für Sie selbst gespielt? 

Meine Mutter hat immer gearbeitet. Natürlich war sie ein Vorbild. Als Kind schwärmte ich für Marilyn Monroe und Marlene Dietrich, aber das waren keine Vorbilder. Mein Chef sagte immer: „Du bist die perfekte Mischung aus Pippi Langstrumpf und Hildegard Knef.“ – das fand ich schön.

Welche Juristin hat Sie so inspiriert, dass sie als Vorbild für breaking.through nominiert werden sollte? Wieso?

Gloria Allred. Sie engagiert sich für Frauenrechte und betreut Diskriminierungsfälle in Hollywood (so auch gegen Weinstein). Und natürlich Vereine wie „Anwältinnen ohne Grenzen“ (Jasmina Prpic) und „Anwälte ohne Grenzen".

Vielen Dank für das spannende Interview!

München und Frankfurt am Main, 3. Juni 2019. Laura Karasek hat die Fragen schriftlich beantwortet. Die Fragen stellte Marina Arntzen.

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