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Manuela Kreuzeder

Manuela Kreuzeder im Porträt

„Lebensläufe von Frauen in Führungspositionen inspirier(t)en mich“

Manuela Kreuzeder, Associated Partnerin bei Noerr, über ihre Begeisterung für Prozessführung, das Jurastudium als Erstakademikerin und die richtigen Fragen bei Vorstellungsgesprächen.

Manuela, Du bist Rechtsanwältin im Bereich Arbitration / Litigation, was begeistert Dich besonders an Deinem Beruf?

Die Suche nach den besten Argumenten. Das Argumentieren an einem Fall ist eine gute Mischung der Anwendung dessen, was man bereits gelernt hat und einer gewissen Kreativität für neue Lösungen. Auch die gemeinsame Arbeit im Team, um zum besten Ergebnis zu kommen, mag ich sehr gerne.

Hinzu kommt die Kommunikation mit Mandant:innen aus vielen verschiedenen Ländern, die ich als bereichernd empfinde. Das deutsche Rechtssystem zu erklären und dabei mit anderen Rechtsordnungen zu vergleichen, eröffnet immer wieder einen neuen Blickwinkel auf Probleme und deren Lösung.

Du bist seit Deinem Berufseinstieg bei Noerr. Was hat Dich dort gehalten?

Am wichtigsten ist dabei wohl das Team, mit dem ich zusammenarbeite. Wir sind in Berlin eine große Litigation-Abteilung, bei denen die einzelnen Kolleg:innen verschiedene Schwerpunkte haben (z.B. Arbitration, Class and Mass Action Defense). Die Atmosphäre war und ist sehr offen und freundschaftlich. Auch die Entwicklungsmöglichkeiten wurden mir von Anfang an aufgezeigt und ich hatte immer das Gefühl, dass ich sowohl fachlich als auch menschlich wertgeschätzt werde. Man kann bereits sehr früh sehr selbstständig arbeiten. Das ist zum einen zwar sehr herausfordernd, zum anderen ist es aber auch gut, wenn man weiß, dass die Kanzlei einem das Vertrauen entgegenbringt.

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Viele junge Jurist:innen fragen sich, ob sie sich einen Berufsalltag in einer Großkanzlei vorstellen können, besonders die Arbeitszeiten wirken abschreckend. Wie sieht die „Work-Life-Balance“ in Deinem Alltag aus?

Flexibel trifft es vermutlich am besten. Ich kann mir überwiegend einteilen, wann ich meine Arbeit erledige. Im Bereich Litigation arbeiten wir viel mit Fristen, die in der Regel schon länger feststehen, so dass man gut planen kann. Klar, es gibt Wochen, in denen ich viel arbeite, etwa, wenn eine wichtige Frist ansteht oder einfach viele Projekte auf einmal zusammenkommen. Man darf aber natürlich auch nicht vergessen, dass die Arbeit entsprechend vergütet wird. Auch darauf, dass Wochenenden und Urlaub grundsätzlich frei sind, wird bei uns geachtet.

Hast Du das Gefühl, dass die Möglichkeiten in Bezug auf Arbeitszeiteinteilung und Teilzeit, auch von Anwält:innen ohne Kinder genutzt werden (können)?

Ja, denn wie schon beschrieben, ist jedenfalls in der Litigation eine relativ flexible Arbeitseinteilung möglich, da die (schieds)gerichtlichen Fristen ja meist schon längere Zeit im Voraus feststehen. Da gibt es dann hinsichtlich der Planbarkeit auch keine Unterschiede bei den einzelnen Kolleg:innen in Teilzeit oder Vollzeit. Wichtig ist meines Erachtens eine klare Kommunikation im Team, auch was Urlaubszeiten o.ä. angeht, damit alle immer Bescheid wissen, wer wann verfügbar ist.

Wir haben bei uns bereits seit längerem mehrere Kolleg:innen, die ohne familiäre Gründe in Teilzeit arbeiten und dann in der Regel an einem Tag unter der Woche nicht im Einsatz sind.

Du bist unter anderem auch für Recruiting zuständig. Was gefällt Dir daran?​

Immer wieder neue mögliche Kolleg:innen kennen zu lernen. Es ist spannend, verschiedene Lebenswege zu sehen und zu schauen, ob und wie Bewerber:innen ins Team passen.

Ich bin bei uns in der Abteilung seit mehreren Jahren für die Referendar:innen und wissenschaftlichen Mitarbeiter:innen zuständig, und es ist schön zu sehen, dass einige, die heute bei uns als Anwält:innen tätig sind, vorher als Referendar:in oder wissenschaftlicher Mitarbeiter:in gestartet sind.

Was sind Deine wichtigsten Ratschläge für ein Vorstellungsgespräch?

Auf jeden Fall Fragen mitbringen und auch stellen. Die Möglichkeit, direkt im Gespräch die Sachen zu klären, die man noch wissen möchte, sollte man sich nicht entgehen lassen. Zudem zeigt man so auch, dass man sich tatsächlich für die Stelle interessiert.

Ansonsten sollte man im Gespräch schauen, ob die Personen, mit denen man spricht, einem sympathisch sind und man sich vorstellen könnte, mit diesen zusammen zu arbeiten.

Du bist Teil der ersten Generation von Juristinnen, die ihren Berufseinstieg schon unter weiblichen Führungskräften erlebt haben. Hast Du das Gefühl, dass Dich dieser Umstand beeinflusst hat?​

Ich kenne es zwar nicht anders, aber ich würde auf jeden Fall sagen, dass es einen beeinflusst, wenn man bereits andere Frauen in Führungspositionen sieht. Ich habe mir als Inspiration immer auch gern die Lebensläufe von Frauen in Führungspositionen angeschaut. Diese müssen nicht mit dem eigenen Werdegang übereinstimmen. Es hilft einfach zu sehen, wie andere es machen bzw. gemacht haben.

Als Associated Partnerin hast Du selbst auch eine Führungsposition inne. Nimmst Du Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Associates und wissenschaftlichen Mitarbeiter:innen wahr?​ 

Ich würde die Frage jetzt mal darauf beziehen, ob sich die Kolleg:innen auch für die Frage von Frauen in Führungspositionen interessieren. Da ist es meines Erachtens schon so, dass Frauen sich mehr Gedanken machen, oder zumindest mehr darüber sprechen. Frauen fragen oft gezielter nach, wie es aussieht mit der Vereinbarkeit von Karriere und Familie. Aber auch bei vielen männlichen Kollegen ist eine größere Sensibilisierung vorhanden als noch vor einigen Jahren.

Networking ist in Deinem Bereich sehr wichtig. Was sind Deine Networking-Tipps, insbesondere für Frauen?

Gerade zu Beginn der Karriere fällt es einem nicht unbedingt leicht bei Networking Veranstaltungen auf Leute zuzugehen. Das ging mir jedenfalls so. Aber mittlerweile stelle ich mich einfach zu anderen an den Tisch und warte nicht ab, bis mich jemand anspricht. Man sollte sich darüber im Klaren sein, dass auch nicht alle anderen auf den Veranstaltungen geborene Networker:innen sind und die Leute sich meist freuen, wenn jemand auf sie zukommt.

Ansonsten gilt, einfach mal ausprobieren, Augen offenhalten, ob es zu einem inhaltlichen Thema spannende Veranstaltungen gibt und dann hingehen. Je öfter man Networking Veranstaltungen besucht, desto routinierter wird man und desto mehr Spaß macht es, darüber langfristige Kontakte aufzubauen.

Deine Eltern haben beide nicht studiert, wie hat Dich dieser Umstand in Deinem Berufswunsch und Deinem Werdegang beeinflusst?
 
Einerseits hatte ich zwar keine Vorbilder in der eigenen Familie, was ein Studium angeht, andererseits war ich vollkommen frei in meiner Entscheidung, was ich tun möchte, und hatte in dieser Hinsicht keinen Erwartungsdruck.
Da ich in der Schule immer ganz gut war, wollte ich nach dem Abitur natürlich studieren. Dass es Jura wird, stand für mich schon einige Zeit vor dem Studium fest. Darunter konnte ich mir etwas Konkretes vorstellen, gerade in Hinblick auf mögliche spätere Berufe. Klar, in finanzieller Hinsicht war das Studium eine Herausforderung. Ich hatte meist ein bis zwei Nebenjobs, um etwas hinzuzuverdienen. Allerdings sollte man auch die praktischen Erfahrungen, die man dabei sammelt, nicht unterschätzen.
Was würdest Du Jurist:innen in der Ausbildung, die in derselben Situation sind, mit auf den Weg geben wollen?
Es läuft nicht immer alles glatt, aber es lohnt sich, dranzubleiben. Sollte die finanzielle Belastung zu groß werden, kann auch ein Studienkredit helfen. Zwar möchte man ungern – ggf. zusätzlich zum BAföG (Bundesausbildungsförderungsgesetz) – mit Schulden ins Berufsleben starten. Die Summen relativieren sich jedoch meist nach einigen Jahren im Beruf. Und dann lohnt es sich, wenn dadurch die notwendige Zeit fürs Studium oder das notwendige Geld für ein Auslandssemester ermöglicht werden.
Man sollte auch nicht zurückhaltend sein und sich für Stipendien zu bewerben. Es gibt hier mehr Möglichkeiten als man denkt. Zudem sind Mentoringprogramme eine gute Möglichkeit, um beispielsweise mit Personen in Kontakt zu kommen, die das Studium bereits erfolgreich hinter sich haben.

Welche Juristin hat Dich so inspiriert, dass sie als Vorbild für breaking.through nominiert werden sollte? Wieso?

Viele davon habt ihr tatsächlich schon interviewt. Elke Büdenbender fällt mir noch ein. Sie hat auf dem zweiten Bildungsweg Abitur gemacht, im Anschluss Jura studiert und gezeigt, dass einem der eigene Beruf auch als Ehefrau des Bundespräsidenten wichtig sein kann.

 
Vielen Dank für das spannende Interview!

Berlin den 7. August 2023. Manuela Kreuzeder hat die Fragen schriftlich beantwortet. Die Fragen stellte Anna Isfort.

 

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