Dr. Svenja Schröder-Lomb im Porträt
„Erst ein souveräner Umgang mit den eigenen Fehlern führt zu einer guten Richter:innenpersönlichkeit.”
Dr. Svenja Schröder-Lomb, Vizepräsidentin des Kammergerichts über den Umgang mit Fehlern, den Glauben an sich und das Vertrauen in das eigene Handwerkszeug.
Frau Dr. Schröder-Lomb, Sie sind in Schleswig-Holstein aufgewachsen. Nach dem Abitur haben Sie das Studium der Rechtswissenschaft in Passau aufgenommen. Warum sind Sie für das Studium an das andere Ende von Deutschland gezogen?
Während meiner Schulzeit habe ich ein Auslandsjahr in den USA verbracht und nach dem Abitur als Au-pair in Frankreich gearbeitet. In dieser Zeit hat sich der Wunsch entwickelt in den diplomatischen Dienst einzutreten. Sie müssen wissen, dass ich im Norden Deutschlands in einem kleinen Dorf aufgewachsen bin. Ich war politisch interessiert, wollte hinaus in die Welt, fremde Länder und Kulturen kennenlernen und da schien mir der diplomatische Dienst sehr geeignet. So kam es, dass ich Jura in Passau studiert habe. Denn in Passau gab es eine fachspezifische Fremdsprachenausbildung und die Uni Passau hat eng mit dem Auswärtigen Amt zusammengearbeitet. Aber bereits im ersten Semester bei einem Besuch des deutschen Botschafters in Israel bei uns im Fachbereich wurde mir sehr schnell bewusst, wie schwer es für eine Frau ist, Familie und Partnerschaft mit dem diplomatischen Dienst zu vereinbaren. Da bin ich von meinem ursprünglichen Plan abgerückt. Jura hingegen hat mich begeistert, weswegen ich dabei geblieben bin.
Unmittelbar nach dem Referendariat sind Sie in den Staatsdienst eingetreten und sind Proberichterin in Berlin geworden. War es schon seit Beginn des Studiums Ihr Wunsch, Richterin zu werden?
Ja, nachdem ich den Wunsch, in den diplomatischen Dienst einzutreten, verworfen hatte, wurde mir recht schnell klar, dass ich Richterin werden möchte. Ich hatte zwar kein genaues Bild vor Augen, da niemand in meinem Familien- oder Freundeskreis diesen Beruf ausübte; ich war sogar nie zuvor in einem Gericht gewesen. Im Studium wurde die Rolle der Richterin für mich aber immer klarer und die Möglichkeit, unabhängig und eigenverantwortlich zu entscheiden, reizte mich. Während des Referendariats hatte ich kurz noch mit der Wissenschaft geliebäugelt, zumal ich auch ein Stipendium für die Columbia University in New York hatte. Letztlich war der Wunsch, praktisch zu arbeiten, aber größer, so dass es mich in die Justiz zog. Berlin war das Kontrastprogramm zu Passau und schließlich eher Zufall. Freunde von mir waren zu dieser Zeit nach Berlin gezogen und ich bin dann mit ihnen gegangen. Heute muss ich sagen, dass das eine der besten Entscheidungen meines Lebens war, weil ich mich vom ersten Tag an sowohl in der Berliner Justiz als auch in der Stadt Berlin sehr gut aufgehoben gefühlt habe.
Wie erging es Ihnen im Richter:innenprobedienst und was empfehlen Sie Richterinnen, die neu in den Probedienst eintreten?
Der Richter:innenprobedienst verlief vom ersten Tag an spannend und zugleich herausfordernd. Meine erste Station durfte ich wunschgemäß in einer großen Strafkammer am Landgericht absolvieren. Ich hatte das Glück, dass ich in der Kammer von Anfang an als vollwertiges Mitglied behandelt wurde, was damals nicht selbstverständlich und ein guter Start war. Im dreijährigen Probedienst gab es lediglich eine Station, die mir nicht ganz so gut gefiel. Aber auch in dieser Station, die ja ohnehin nur ein Jahr dauerte, habe ich viel an neuem Wissen und Erfahrung hinzugewonnen, von dem ich später profitiert habe. Es war insgesamt eine herausfordernde Zeit, die ich aber in guter Erinnerung habe.
Ich empfehle Proberichterinnen, sich von der ersten Station an mit anderen zu vernetzen. Ein gutes Netzwerk ist das A und O! Oftmals entstehen gerade in diesen ersten Jahren sogar Freundschaften, die ein Leben lang halten. Abgesehen von diesem sozialen Faktor ist es aber auch für eine erfolgreiche inhaltliche Arbeit von großer Bedeutung. Die Tätigkeit der Richter:in ist eine einsame, weil man – ausgestattet mit hoher Verantwortung – ganz überwiegend allein arbeitet und entscheidet, vor allem, aber nicht nur, wenn man als Einzelrichter:in tätig ist. Umso wichtiger ist es, mit anderen in den Diskurs zu treten, seine eigene Meinung zu schärfen, sich zu hinterfragen und voneinander zu lernen. Das betrifft auch ganz schlichte praktische Dinge, wie die Frage, wie man sich und die Anforderungen, die an einen gestellt werden, am besten organisiert. Für Richter:innen ist es zudem wichtig, über den Tellerrand zu schauen und immer wieder einmal aus der gedanklichen Mühle herauszutreten, in die man auch leicht abrutschen kann. Wenn man als Proberichter:in eine Station erwischt, die einem nicht liegt oder die man sich so nicht gewünscht hätte, sollte man nicht verzweifeln. Stattdessen sollte man offen sein und darauf vertrauen, dass man mit dem methodischen Handwerkszeug, das man beherrscht, auch in der Lage ist, sich in etwas komplett Neues hineinzuarbeiten.
Kurz nach Ihrer Ernennung zur Richterin am Landgericht Berlin wurden Sie an die Senatsverwaltung für Justiz abgeordnet, wo sie zunächst als Grundsatzreferentin im Stab der Senatorin und anschließend als Pressesprecherin tätig waren. Später führte Sie Ihr Weg an die Senatsverwaltung für Inneres. Warum ist es sinnvoll, sich als Richterin abordnen zu lassen und inwieweit haben die Abordnungen Sie bereichert und Sie auf Ihrem Karriereweg vorangebracht?
Das „Über-den-Tellerrand-schauen“, von dem ich gerade sprach, ist nicht nur für den Probedienst essentiell, sondern auch für den Richter:innendienst insgesamt und einen solchen Blick ermöglichen Abordnungen. Die Welt der Justiz ist eine ganz eigene – wir sprechen eine besondere Sprache, unsere Entscheidungen folgen Regeln, die nicht immer für andere ohne weiteres nachzuvollziehen sind. Das erleben wir punktuell immer wieder, wenn es um die Bewertung von gerichtlichen Entscheidungen in der Öffentlichkeit geht. Es ist daher wichtig, dass wir als Justiz auch immer wieder bereit sind, einen durchaus auch kritischen Blick von außen auf uns selbst zu nehmen – und sei es nur gedanklich. Eine Abordnung in die Exekutive oder aber auch in einen anderen Bereich kann sehr hilfreich sein. So habe ich während meiner Zeit in der Senatsverwaltung für Justiz u. a. an Gesetzgebungsverfahren mitgewirkt. Dieser Prozess von der Idee bis zum verabschiedeten Gesetz und hin zur konkreten Umsetzung hat mir geholfen, ein anderes Verständnis für die Mühen und Hürden im Verwaltungsalltag zu entwickeln. Eine ganz besondere Erfahrung, die sicher für mich prägend war, habe ich während meiner Abordnung an die Senatsverwaltung für Inneres gemacht. Damals war ich als Pressesprecherin des Berliner Innensenators während 9 / 11 in die Bewältigung dieser Krise miteingebunden und konnte miterleben, wie Krisenmanagement in der Stadt funktioniert. Und auch die Polizeiarbeit betrachte ich seitdem mit anderen Augen: Wenn Sie einmal an der Seite der Polizist:innen auf einer Demonstration gestanden haben, dann entwickeln Sie ein neues Verständnis für die Beamt:innen – insbesondere wenn Ihnen das erste Mal in Ihrem Leben Pflastersteine entgegenfliegen. Mein Horizont wurde dadurch enorm erweitert. Ich denke seitdem Justiz nicht mehr bezogen auf das einzelne Gericht, an dem ich tätig bin, sondern immer als den einen großen Bereich, der fest in unserer Gesellschaft verankert und der insgesamt stabil aufgestellt sein muss. Ich kann gut verstehen, dass Proberichter:innen, die die Probezeit hinter sich haben, froh sind, endlich fest in einer Abteilung oder einer Kammer anzukommen und erst einmal zu bleiben. Trotzdem empfehle ich allen, sich nach einigen Jahren in der Spruchtätigkeit noch einmal zu verändern. Das kann in dem Wechsel der Abteilung / Kammer liegen oder aber in einer Abordnung.
Die Abordnungs- und Erprobungsstellen haben Sie erhalten, indem Sie von den Verantwortlichen direkt angesprochen wurden. Ist ein solches Vorgehen üblich oder muss man sich als Richter:in besonders hervortun?
Damals war ein solches Vorgehen üblich. Es war ein reines Zufallsprodukt, dass ich diese Möglichkeit bekommen habe. Denn damals lag meine Personalakte gerade auf dem Schreibtisch des Entscheidungsverantwortlichen. Es hätte sicher viele andere Richter:innen gegeben, die genauso geeignet und interessiert gewesen wären. Dieses Vorgehen habe ich nicht nur als ungerecht empfunden, sondern auch als vertane Chance für viele andere und letztlich auch für die Justiz insgesamt. Während meiner Zeit als Personalreferentin in der Senatsverwaltung für Justiz habe ich mich daher dafür eingesetzt, dass jede:r Richter:in die Möglichkeit bekommen soll, mittels eines transparenten Verfahrens sein / ihr Interesse an einer solchen Abordnungsstelle zu bekunden. Seit 2002 ist es üblich, dass offene Stellen bekannt gemacht werden und jede:r Richter:in sein / ihr Interesse bekunden kann.
Sie waren Vizepräsidentin und im Anschluss Präsidentin des Amtsgerichts Wedding. Heute sind Sie Vizepräsidentin des Kammergerichts. Was umfasst die Aufgaben einer Gerichts(vize)präsidentin?
Die Hauptaufgabe der Gerichtspräsidentin ist, dass sie sicherstellt, dass das Gericht läuft! Neben einem kleineren Teil der Spruchtätigkeit ist man als Präsidentin verantwortlich für den gesamten Bereich der Verwaltung und Vorsitzende des Präsidiums. Ich muss dafür sorgen, dass alle Entscheider:innen ihren Aufgaben möglichst störungsfrei nachkommen können. Das heißt beispielsweise, dass die IT funktioniert und zuverlässig läuft und dass das Personal gut und genau da eingesetzt ist, wo es am besten wirken kann. Gerade die Personalverantwortlichkeit, die sich auf das richterliche und nichtrichterliche Personal bezieht, macht einen großen Teil des Aufgabengebiets aus. Dabei sind viele Gespräche mit den Mitarbeitenden zu führen, bei denen man immer auch die Personalentwicklung mit im Blick haben muss. Die Leitung eines Gerichts bedeutet aber auch, dass man sich in einem ständigen Organisationsprozess befindet. Im Vergleich zu einem Amtsgericht ist das Kammergericht natürlich eine ganz andere Dimension, weil es als Mittelbehörde quasi-ministerielle Aufgaben für die ganze ordentliche Gerichtsbarkeit wahrnimmt. Das macht aber auch den besonderen Reiz dieser Position aus! Sicherlich hat mich die Tätigkeit als Präsidentin des Amtsgerichts Wedding für meine jetzige Position vorbereitet und ich kann auf Erfahrungswerte aus dieser Zeit zurückgreifen.
Was zeichnet Ihrer Meinung nach eine gute / einen guten Richter:in aus?
Selbstverständlich ist eine hohe Fachkompetenz erforderlich. Das allein macht aber noch keine:n gute:n Richter:in aus. Daneben muss man grundsätzlich ein entscheidungsfreudiger Mensch sein und mit der hohen Arbeitslast umgehen können. Wichtig ist aus meiner Sicht zudem, dass man bereit ist, sich und sein Verhalten zu reflektieren, indem man sich regelmäßig fragt, ob man noch auf dem richtigen Weg ist. Jeder Mensch und damit auch Richter:innen machen Fehler. Auch als Richter:in kann und muss man nicht alles können oder wissen. Ein:e Richter:in ist schließlich keine Rechtsanwendungsmaschine! Aus meiner Sicht ist es aber unverzichtbar, offen mit seinen „Fehlern“ umzugehen bzw. bereit zu sein, die Sache noch einmal zu überdenken. Denn erst ein souveräner Umgang mit den eigenen Fehlern führt zu einer guten Richter:innenpersönlichkeit. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Kommunikationsfähigkeit. Ein:e Richter:in sollte Freude an Kommunikation haben. Das braucht eine Richter:in nicht nur, wenn er / sie erfolgreich eine Verhandlung leiten will, sondern auch in der fachlichen Auseinandersetzung und dem Austausch mit Kolleg:innen, der aus meiner Sicht häufig unterschätzt wird. Und als letzten Punkt möchte ich die Bereitschaft zum lebenslangen Lernen nennen – eine Richter:in entwickelt im Laufe ihres Berufslebens ein Judiz, sie / er lernt aber nie aus!
Würden Sie den Beruf der Richterin immer wieder ergreifen?
Ja! Auf jeden Fall! Mich begeistert zum einen die Vielfalt der Aufgaben. Die Justiz bietet so viele unterschiedliche Aufgabengebiete, dass man in seinem doch sehr langen Berufsleben immer wieder etwas Neues machen kann. Das heißt nicht, dass man ständig wechseln sollte. Aber ein gewisser Wechsel bringt einen nicht nur selbst voran, sondern auch diejenigen, auf die man dann triff, weil man Fragen stellt und damit auch andere herausfordert und etwas in Bewegung bringt. Und so wird das Recht insgesamt vorangebracht und davon profitieren auch die Rechtssuchenden. Und schließlich ist es die Sinnhaftigkeit unserer Tätigkeit als dritte Gewalt, die ein ganzes Berufsleben trägt. Auch wenn ich mich nicht immer über alle Akten gefreut habe, die ich bearbeiten musste, so habe ich doch nie die Aufgabe als solche in Frage gestellt.
Der Anteil weiblicher Richterinnen liegt in Berlin bei 55°%. Die Frauenquote bei den Vorsitzenden Richter:innen liegt dagegen erheblich niedriger. Was denken Sie, warum das so ist?
Das liegt an einer Vielzahl von Gründen, insbesondere auch an der Gesellschaft insgesamt und daran, wie sie diese Frauen noch immer sieht, und auch daran, wie Frauen sich zum Teil selbst sehen. Gerade während der Coronapandemie habe ich in vielen Bereichen einen deutlichen Rückschritt in puncto Gleichberechtigung beobachtet – insbesondere auch bei der Verteilung der zusätzlichen Care-Arbeit, die viele Frauen wie selbstverständlich übernommen haben. Darüber hinaus erlebe ich ganz häufig Frauen, die sich vieles nicht zutrauen, obwohl sie gute Richterinnen sind und grundsätzlich das Zeug dazu hätten. Nach meiner Erfahrung brauchen Frauen nach wie vor gezielte Ansprache und Bestärkung. Eine Kollegin und ich haben daher gemeinsam ein Konzept für die Förderung junger Richterinnen entwickelt, das mittlerweile auch umgesetzt wurde. In diesem Programm durchlaufen die Richterinnen eine Vielzahl von Fortbildungen und werden von einem / einer Mentor:in begleitet. Da es nicht darum geht, sie fachlich zu qualifizieren, findet hier auch ein „Cross-Over“-Mentoring statt, so dass der / die Mentor:in beispielsweise aus einer anderen Gerichtsbarkeit stammt. Dieses Mentor:innenverhältnis bleibt auch nach der Veranstaltungsreihe bestehen, so dass die jungen Richterinnen auch im Nachgang Ansprechpartner:innen haben. Dieses Programm kann allerdings nur ein Baustein sein. Meiner Erfahrung nach haben Frauen oft den Hang zum Perfektionismus und trauen sich erst dann neue Schritte zu, wenn sie diese komplett vorbereitet und durchdrungen haben. Und das betrifft nicht nur Frauen mit familiären Verpflichtungen. Ich ermutige Frauen dazu, auf ihr Handwerkszeug zu vertrauen und auch einmal den nächsten Schritt zu gehen, wenn der Weg noch nicht komplett vorbereitet ist. Man muss ein neues Rechtsgebiet nicht schon erschlossen haben, bevor man die Stelle antritt. Learning by doing ist oft der Schlüssel! Ich bin auch eine Befürworterin der Frauenquote, denn ich denke, dass der Staat in der Verantwortung steht, Frauen stärker sichtbar zu machen.
Die Berliner Justiz ist wenig divers. Berlin hat ein Programm ins Leben gerufen, um dies zu verändern. Können Sie uns mehr dazu verraten?
Das Programm „Mehr Vielfalt in der Berliner Justiz“ wurde ins Leben gerufen, weil wir in einer vielfältigen Gesellschaft leben. Über ein Drittel der Bevölkerung in Berlin hat einen Migrationshintergrund und bei den jungen Menschen, den unter 27-Jährigen, liegt dieser Anteil sogar bei fast 50 %. Dieses Verhältnis findet sich nicht in unseren Gerichten wieder. Wir können und wollen es uns als Justiz aber nicht leisten, einen Teil der Gesellschaft außen vor zu lassen. Wenn wir das Vertrauen in den Rechtsstaat weiter stärken wollen, und zwar in allen Teilen der Bevölkerung, dann muss sich diese Vielfalt auch in unseren Gerichten widerspiegeln. Und es reicht nicht einfach unsere Gerichte zu öffnen, sondern die Erfahrung zeigt uns, dass wir aktiv etwas dafür tun müssen. Und dafür ist der Ansatz dieses Vorhabens ganz entscheidend, nämlich die dezentrale Akquise, mit der wir die Menschen vor Ort in ihren Communities ansprechen. Alle Gerichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit arbeiten in diesem Bereich mittlerweile mit dem Kammergericht zusammen und bemühen sich, durch gezielte Ansprache im Rahmen von Schüler:innenpraktika, Informationsveranstaltungen und der Zusammenarbeit mit migrantischen Organisationen mehr Menschen mit Einwanderungsgeschichte für den nichtrichterlichen Dienst zu gewinnen. Das Problem ist aber natürlich auch im Richter:innendienst sichtbar. Auch hier wirkt dieses Programm: Wenn wir bereits in den Communities, den Schulen, den Universitäten und im Referendariat deutlich machen, dass der Staatsdienst für alle Menschen offen steht, erreichen wir auch, dass mehr Absolvent:innen mit Migrationsgeschichte den Justizdienst in Betracht ziehen.
Sie haben sich im Laufe Ihrer Karriere immer wieder in neue Rechts- und Aufgabengebiete einarbeiten müssen. Hatten Sie auch mal Zweifel oder Ängste vor der jeweiligen neuen Herausforderung?
Natürlich! Wer hat die nicht? Egal vor welcher neuen Herausforderung ich stand, habe ich mich in den ersten Wochen auf einer neuen Stelle fast immer gefragt, wieso ich mich darauf eingelassen habe. Denn es war nie so, dass ich mit der Aufgabe, die ich bis dahin hatte, nicht zufrieden war. Aber diese Selbstzweifel waren in der Regel nach spätestens drei Monaten verflogen. Ich habe mir immer versichert: „Man traut es mir zu, ich traue es mir zu – wenn es nicht klappt, dann gibt es sicher einen Plan B!“.
Welche Juristin hat Sie so inspiriert, dass si als Vorbild für breaking.through nominiert werden sollte? Wieso?
Da gibt es ganz viele, einige hat breaking.through bereits interviewt. Ich würde gern aus meinem aktuellen beruflichen Umfeld eine Kollegin benennen, die noch nicht dabei ist: Antje Klamt ist Richterin am Kammergericht, ausgebildete Mediatorin, Mitglied der AGG-Beschwerdestelle des Kammergerichts und bis vor kurzem Verantwortliche für die Referendar:innenausbildung in Berlin. Sie ist eine überzeugte und begeisterte Richterin und ein positives Beispiel dafür, trotz der „Belastung“ mit vier Kindern zu Hause Herausforderungen anzunehmen und zu meistern. Mit ihrer absoluten Offenheit für neue Ideen und Entwicklungen und ihrem Engagement ist sie ein inspirierendes Vorbild für viele junge Richterinnen.
Vielen Dank für das spannende Interview!
Berlin, 22. März 2023. Das Interview führte Dr. Stefanie Schweizer.
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